(TF) Das Landgericht Berlin hat heute (19.11.2019) zwei Frauenärzte wegen Tötung eines kranken Zwillings während eines Kaiserschnittes zu Freiheitsstrafen auf Bewährung verurteilt, wie beck-aktuell berichtet.
Dem Urteil liegt folgender, verkürzt wiedergegebener, Sachverhalt zugrunde: Während eines Kaiserschnitts hatten die beiden angeklagten Gynäkologen erst einen gesunden Zwilling entbunden, dann jedoch den zweiten, schwer hirngeschädigten, mit einer Kaliumchloridinjektion getötet. Dies war so auch mit der Mutter und Patientin abgesprochen gewesen. Nach den Einlassungen der Angeklagten habe man sich bewusst gegen den sog. selektiven Fetozid entschieden und bewusst den Kaiserschnitt abgewartet, um den schwer geschädigten Embryo zu töten.
Welche Beweggründe nun im Einzelnen dahinter stecken ist aus der Pressemeldung unklar. Klar scheint nur zu sein, dass die beiden betroffenen Ärzte, wenn überhaupt, schlecht juristisch beraten waren. Denn so ist die Grenzlinie zwischen § 218 StGB (Schwangerschaftsabbruch) und § 212 StGB (Totschlag), die einsetzende Geburt (vgl. BGH 2 StR 336/07 – Beschluss vom 2. November 2007 ), mit der Folge, dass ein selektiver Fetozid, welcher wohl aufgrund der schweren Schädigung des einen Embryos straflos gewesen wäre, nicht mehr möglich gewesen ist, da die strafbefreiende Bestimmungen des § 218a StGB nur während der Schwangerschaft greifen.
Das Ganze gewinnt dadurch an Schärfe, dass ein Gutachter im Verfahren festgestellt hatte, dass der geschädigte Embryo grundsätzlich lebensfähig gewesen wäre. Sofern ich hier von Schärfe spreche, so bitte ich dies einzig und allein auf die juristische Bewertung zu beziehen. Die insgesamt damit vergesellschaftete ethisch-moralische Komponente des Sachverhaltes, soll an dieser Stelle ganz bewusst außen vor bleiben.
Straferschwerend sah das Gericht auch den Umstand, dass ein Angeklagter als Vorgesetzter noch im Operationssaal das Vorgehen hätte stoppen können, bzw. müssen. Es stellt sich in diesem Zusammenhang damit gleichzeitig die Frage, ob die andere Angeklagte hier nicht möglicherweise eine Remonstrationspflicht gehabt hätte. Das aber ist ein sehr weites Thema, dem wir uns bei Zeiten widmen werden.
Hier bleibt es jetzt aber spannend, ob die Angeklagten Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen werden und wenn sie es tun, wie der Bundesgerichtshof in dieser Sache entscheiden wird.
