„Selbstherrlichkeit und Standesdünkel“ – deutliche Worte des Bay.Verwaltungsgerichtshofs zu der Frage von heilkundlichen Maßnahmen durch Notfallsanitäter

Erstens kommt es anders und zweitens als gedacht. Eine umgangssprachliche Redewendung, die gerade in Bezug auf die Justiz immer wieder gerne herangezogen wird. So  auch in Bezug auf eine Entscheidung des VGH München vom 21.04.2021. 

Es ist nicht gerade selten, dass Obergerichte Entscheidungen „kassieren“ und damit Beschlüsse der Vorinstanzen aufheben. Es ist letztlich deren Aufgabe im Rahmen des Rechtsstaats, also so gesehen nichts besonderes. Nicht an der Tagesordnung ist es jedoch und damit auch besonders, dass dies mit so klaren und eindeutigen Worten – umgangssprachlich kann man dies als Verteilen von „Watschen“ bezeichnen – geschieht. Besonders ist diese Entscheidung aber auch deshalb, weil sie ganz klar und unverblümt die Rolle des beteiligten ÄLRD kritisiert und in dem zugrunde liegenden Fall, personell deutlichst in Frage stellt.

Diese Entscheidung ist aber auch deshalb bedeutsam, weil der immer wieder aufkeimende Streit um die „Kompetenz“ des Notfallsanitäters und auch die neu geschaffene Regelung des § 2a NotSanG in den Fokus setzt und sich hierzu klar positioniert. Ob dies von weiteren Gerichten ebenso gesehen wird, bleibt abzuwarten, aber in jedem Fall zu hoffen.

Das Gericht stellt unmissverständlich klar, dass wir Notfallsanitäter unter den Voraussetzungen des § 2a NotSanG ein eigenverantwortlich, heilkundlich tätig werdender Teil der Rettungskette sind. Damit erfolgt eine weitere, wie wir finden, wichtige und richtige Stärkung unseres Berufsstandes. Dennoch kein Grund überheblich zu werden.

Wir möchten ein ganz deutliches ABER in den Raum stellen. „Aber“ deswegen, weil diese Entscheidung und auch die Rechtslage in unseren Augen nicht im Ansatz einen allgemein- und  immer gültigen Persilschein darstellt. Auch wenn das Gericht richtigerweise darauf hinweist, dass für Selbstherrlichkeit und ärztlichen Standesdünkel in der Rettungsmedizin kein Raum mehr ist, sollten auch Wir uns davor hüten, in Hochmut und Selbstherrlichkeit uns zu verlieren. Es liegt einzig an uns, mit dieser Verantwortung bedacht und umsichtig umzugehen, Selbstkritik und Selbstreflexion sollte hierbei – wie aber eigentlich immer – ein wichtiger Maßstab sein..

Rettungs- und Notfallmedizin ist und bleibt ein Teamsport. Wir müssen gemeinsam für eine gute präklinische Versorgung arbeiten und kämpfen. Denn letztlich sollten nicht wir alle im Vordergrund stehen, sondern der Patient. Das aber bedeutet auch, dass wir gemeinsam zu einer vernünftigen Fehlerkultur auf Augenhöhe kommen. 

Das der in dem Sachverhalt handelnde ÄLRD ganz offensichtlich eine andere Auffassung von Gemeinsamkeit und Fehlerkultur vertrat und disziplinarisch deutliche Grenzen überschritten hat, zeigt dieser Beschluss gleichwohl eindrucksvoll.

Der Volltext kann hier eingesehen werden. Wir wollen im Folgenden, die in unseren Augen wichtigsten und auch eindrucksvollsten Passagen zitieren. Hervorhebungen sind ausschließlich durch uns erfolgt.

Von uns zusammengefasster Sachverhalt: 

Im August 2020 war es am Landshuter Bahnhof zu einem Rettungsdienst Einsatz gekommen. Der Rettungsdienst war durch die Bundespolizei wegen eines nur polnisch sprechenden Mannes gerufen worden. Dieser war sichtlich entkräftet und dehydriert, konnte jedoch noch selbstständig Nahrung und Flüssigkeit zu sich nehmen. Im Einsatzverlauf wurde dem Patient ein peripher venöser Zugang gelegt und Vollelektrolytlösung gegeben. Mittels einer dritten Person konnte die Sprachbarriere überwunden werden und eine Kommunikation mit dem Patienten erfolgen. Nach den Infusionen war eine sichtliche Besserung des Patienten eingetreten und er verweigerte den Transport ins Krankenhaus.

Ein Schaden des Patienten ist nicht dokumentiert. Auf dem eingesetzten Rettungswagen saßen zwei Notfallsanitäter, wobei einer als Fahrer und der andere als Transportführer eingeteilt war. Der zuständige ÄLRD in Landshut hatte von dem beschriebenen Einsatz durch eine andere RTW Besatzung Kenntnis erhalten und nach Anhörung der Beteiligten sowohl dem eingeteilten Transportführer als auch dem eingeteilten Fahrer die Delegation von Aufgaben im Rahmen des § 4 II Nr. 2c NotSanG widerrufen (Bescheid vom 16.12.2021, mit Wirkung zum 01.01.2021 – also mehr als 3 Monate nach dem besagten Vorfall).

Der eingeteilte Fahrer, seines Zeichens eben auch Notfallsanitäter, hatte gegen diesen Bescheid Klage und Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz erhoben. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wurde jedoch vom VG Regensburg am 22.02.2021 – RN 5 S 20.3242 – abgelehnt, wo gegen nunmehr erfolgreich Beschwerde eingelegt wurde. Der BayVGH hat mit Beschluss vom 21.04.2021 eine durchaus wegweisende Entscheidung getroffen.

(Leitsätze des Beschlusses) 

1. – 7. (…)

8. § 2a NotSanG erlaubt Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitätern entsprechend der bereits bisher praeter legem geltenden Rechtslage nunmehr auch ausdrücklich die situationsabhängige Ausübung heilkundlicher Tätigkeiten und enthält insoweit eine Ausnahme vom Heilpraktikergesetz, das anderen Personen als Ärztinnen und Ärzten oder Heilpraktikerinnen und Heilpraktikern die Ausübung der Heilkunde untersagt.
9. Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter übernehmen ab dem Zeitpunkt, in dem sie eigenverantwortlich entscheiden eine erlaubte heilkundliche Tätigkeit; sie tragen (auch haftungsrechtlich) die alleinige Verantwortung für die von ihnen ausgeübte Tätigkeit als solche und zugleich auch dafür, dass die vorgenommene Maßnahme zum Zeitpunkt ihrer Durchführung die einzig mögliche und angemessene Option ist.
10. Dabei ist die Ausübung der Heilkunde auf Situationen beschränkt, in welchen akut keine ärztliche Versorgung möglich ist, das Leben von Patientinnen und Patienten aber gleichwohl geschützt oder schwere Folgeschäden vermieden werden müssen. Liegen diese Voraussetzungen vor, so sind Notfallsanitäterinnen und -sanitäter nicht nur zum Handeln berechtigt, sondern ausdrücklich verpflichtet; sie müssen ihrer Ausbildung entsprechend lebenserhaltende Maßnahmen oder Maßnahmen zur Abwendung schwerer gesundheitlicher Schäden in all diesen Fällen eigenverantwortlich ins Werk setzen. Dabei sind Notfallsanitäterinnen und -sanitäter gehalten, die jeweilige Einsatzsituation sorgfältig zu prüfen und zu bewerten.
11. Der Verpflichtung zum eigenverantwortlichen Handeln korrespondiert eine retrospektiv nur eingeschränkt überprüfbare Einschätzungsprärogative. Zeigt sich etwa im Nachhinein, dass ein lebensbedrohlicher Zustand nicht vorgelegen hat oder keine wesentlichen Folgeschäden zu erwarten waren, so ist das Tätigwerden zwar objektiv als unzulässig zu bewerten, eine subjektiv vorwerfbare Ausübung der Heilkunde kann aber nur dann angenommen werden, wenn bereits im Rahmen einer ex- ante Betrachtung keine Lebensgefahr gedroht hat oder keine wesentlichen Folgeschäden zu erwarten waren und dies für die handelnde Notfallsanitäterin oder den handelnden Notfallsanitäter unter Berücksichtigung der im Einsatzgeschehen bestehenden Anspannung auch ohne Weiteres erkennbar war. Für die Beurteilung kommt es maßgeblich auf die Sicht der vor Ort anwesenden Notfallsanitäterin oder -sanitäters im Augenblick des Handelns an.
12. Notfallsanitäterinnen und –sanitäter sind, sofern (not-)ärztliche Hilfe nicht zeitnah zu erlangen ist und die Voraussetzungen des § 2a Nr. 2 NotSanG vorliegen, eigenverantwortlich handelnder, heilkundlicher Teil der Rettungskette. 

Erwähnenswert ist hierbei die klare Feststellung, dass sobald die Voraussetzungen des § 2a NotSanG gegeben sind, der Notfallsanitäter eigenverantwortlich handelnder,  heilkundlicher Teil der Rettungskette ist.

Natürlich liegt unserer Ansicht hier der Schwerpunkt auf der Feststellung der Eigenverantwortlichkeit  und damit natürlich auch im Bereich einer relevanten Haftungsfrage. Allerdings und das ist die zweite, in diesem Zusammenhang wichtige Feststellung des Gerichts, ist bei der Beurteilung der Voraussetzungen retrospektiv immer eine sog. ex-ante-Betrachtung (also eine Betrachtung aus der jeweiligen Einsatzsituation heraus) vorzunehmen. Dh. wenn eine Situation sich nachträglich nicht als unter § 2a NotSang zu subsumieren herausstellt (also beispielsweise objektiv keine akute Lebensgefahr bestand), wird nachträglich immer zu fragen sein, ob dieser Irrtum, in der konkreten Einsatzsituation vermeidbar gewesen ist, oder gerade eben nicht. Nur im Fall der Vermeidbarkeit läge eine vorwerfbare unzulässige Ausübung der Heilkunde vor.

Allerdings sollte es unserer Auffassung nach auch selbstverständlich sein, nach einer 3 jährigen Ausbildung in der Lage zu sein, Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen.

RdNr. 58 des Beschlusses

§ 2a NotSanG erlaubt Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitätern entsprechend bereits bisher praeter legem geltenden Rechtslage nunmehr auch ausdrücklich die situationsabhängige Ausübung heilkundlicher Tätigkeiten und enthält insoweit eine Ausnahme vom Heilpraktikergesetz, das anderen Personen als Ärztinnen und Ärzten oder Heilpraktikerinnen und Heilpraktikern die Ausübung der Heilkunde untersagt (vgl. BT-Drucks. vom 18.11.2020, 19/24447, S. 84). Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter übernehmen ab dem Zeitpunkt, in dem sie eigenverantwortlich entscheiden eine (erlaubte) heilkundliche Tätigkeit (vgl. BT-Drucks. 19/24447, S. 84); sie tragen (auch haftungsrechtlich) die alleinige Verantwortung für die von ihnen ausgeübte Tätigkeit als solche und zugleich auch dafür, dass die vorgenommene Maßnahme zum Zeitpunkt ihrer Durchführung die einzig mögliche und angemessene Option ist (vgl. BT-Drucks. 19/24447, S. 84.). Dabei ist die Ausübung der Heilkunde auf Situationen beschränkt, in welchen akut keine ärztliche Versorgung möglich ist, das Leben von Patientinnen und Patienten aber gleichwohl geschützt oder schwere Folgeschäden vermieden werden müssen (vgl. BT-Drucks. 19/24447, S. 84). Liegen diese Voraussetzungen vor, so sind Notfallsanitäterinnen und -sanitäter nicht nur zum Handeln berechtigt, sondern ausdrücklich verpflichtet (vgl. BT-Drucks.19/24447, S. 85); sie müssen ihrer Ausbildung entsprechend lebenserhaltende Maßnahmen oder Maßnahmen zur Abwendung schwerer gesundheitlicher Schäden in all diesen Fällen eigenverantwortlich ins Werk setzen (vgl. BT-Drucks. 19/24447, S. 85). 

Interessant an diesem Punkt ist auch, dass die jetzt gültige Bestimmung des § 2a NotSanG zwar zum damaligen Zeitpunkt noch nicht in Kraft getreten war, das Gericht jedoch keinen Zweifel daran lässt, dass die in dieser Bestimmung verkörperte Rechtsauffassung bereits zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Einsatzes bestand hatte.

RdNr. 59 des Beschlusses

Dabei sind Notfallsanitäterinnen und -sanitäter gehalten, die jeweilige Einsatzsituation sorgfältig zu prüfen und zu bewerten (vgl. BT-Drucks. 19/24447, S. 86). Der Verpflichtung zum eigenverantwortlichen Handeln korrespondiert jedoch eine retrospektiv nur eingeschränkt überprüfbare Einschätzungsprärogative. Zeigt sich etwa im Nachhinein (ex-post), dass ein lebensbedrohlicher Zustand nicht vorgelegen hat oder keine wesentlichen Folgeschäden zu erwarten waren, so ist das Tätigwerden zwar objektiv als unzulässig zu bewerten, eine subjektiv vorwerfbare Ausübung der Heilkunde kann aber nur dann angenommen werden, wenn bereits im Rahmen einer ex-ante Betrachtung keine Lebensgefahr gedroht hat oder keine wesentlichen Folgeschäden zu erwarten waren und dies für die handelnde Notfallsanitäterin oder den handelnden Notfallsanitäter unter Berücksichtigung der im Einsatzgeschehen bestehenden Anspannung auch (ohne Weiteres) erkennbar war (vgl. BT-Drucks 19/24447, S. 85), mit anderen Worten die Annahme der Handlungsvoraussetzungen auf (grober) Fahrlässigkeit beruhte

RdNr. 62 des Beschlusses 

Ungeachtet dessen ist zu berücksichtigen, dass selbst dann, wenn sich im Nachhinein herausstellen würde, dass anlässlich des Einsatzgeschehens vom 13. August 2020 objektiv tatsächlich keine wesentlichen Folgeschäden gedroht haben, eine subjektiv vorwerfbare Ausübung der Heilkunde seitens des den Einsatz leitenden Notfallsanitäters S* … nur dann angenommen werden könnte, wenn bereits im Rahmen einer ex-ante Betrachtung keine hinreichenden Anhaltspunkte für das mögliche Entstehen einer Exsikkose bestanden hätten und dies für den handelnden Notfallsanitäter unter Berücksichtigung der im Einsatzgeschehen bestehenden Anspannung auch ohne Weiteres erkennbar gewesen wäre (vgl. BT- Drucks 19/24447, S. 85), mit anderen Worten die Annahme der Handlungsvoraussetzungen auf (grober) Fahrlässigkeit beruhen würde. Dafür indes ist vorliegend nichts ersichtlich. Es fehlt bereits jeder Anhalt dafür, dass das Legen eines IV-Zugangs und die Gabe der Infusionslösung ohne Vorliegen einer akuten Dehydrierung ins Werk gesetzt worden wären und das Entstehen einer Exsikkose als Folgewirkung sicher hätte ausgeschlossen werden können. Insoweit kommt es maßgeblich allein auf eine Beurteilung aus der Sicht der vor Ort anwesenden Notfallsanitäter im Augenblick des Handelns (vgl. BT-Drucks. 19/24447, S. 86), nicht aber auf die nachträgliche „Ferndiagnose“ des ÄLRD an. 

An dieser Stelle überträgt das Gericht die eigenen Anforderungen auf den konkreten Sachverhalt. Ein grob fahrlässiges Verhalten kann das Gericht nicht erkennen. Bedeutsam ist aber auch, dass die nachträglich Einschätzung des ÄLRD als unerhebliche „Ferndiagnose“ deklassiert wurde, sehr deutliche Worte.

RdNr. 63 des Beschlusses  

Der Senat vermag daher nach dem derzeitigen Erkenntnisstand im Eilverfahren kein Fehlverhalten des Antragsstellers zu erkennen, welches den Widerruf der Delegation rechtfertigen könnte. Vielmehr scheint es gerade so, dass der zuständige ÄLRD in Unkenntnis der Einsatzvoraussetzungen einem Subsumtionsirrtum („lebensgefährlicher Zustand oder wesentliche Folgeschäden“) erlegen ist, der von der juristischen Staatsbeamtin des Zweckverbandes im Vertrauen auf die ärztliche Kompetenz des Rettungsdienstleiters in einen Bescheid übernommen wurde, und dessen offensichtliche Rechtswidrigkeit vor den Schranken der 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Regensburg, die nach der Geschäftsverteilung mit Fragen des Rettungsdienstrechts regelmäßig nicht befasst ist, und damit lediglich „bei Gelegenheit“ in einer im Grunde fremden Rechtsmaterie entschieden hat, unerkannt geblieben ist. Der Begriff der „wesentlichen Folgeschäden“ kann aufgrund der Konjunktion „oder“ gerade nicht mit dem Vorliegen eines „lebensbedrohlichen Zustands“ gleichgesetzt werden, wie der ÄLRD in seiner Notiz über das Gespräch vom 6. November 2020 offensichtlich rechtsirrig meint.

Interessant an diesem Abschnitt ist nicht nur der Umstand, dass der VGH München die Vorinstanz (VG Regensburg) eine dezente „Watschen“ verteilt („…. unbekannt geblieben“.), sondern auch, dass es nochmals deutlich hervorhebt, dass iZ. mit der Beurteilung der Voraussetzungen aus § 2a NotSang die Rechtsbegriffe des „lebensbedrohlichen Zustande“ nicht mit denen des „wesentlichen Folgeschadens“ gleichzusetzen sind. Eine, wie wir finden, nicht ganz unerhebliche und wichtige Feststellung, gerade auch im Hinblick auf mögliche Haftungsfragen.

RdNr. 68 und 69 des Beschlusses  

Damit ist die Frage nach der Kompetenz des Ärztlichen Leiters des Rettungsdienstes zur Führung eines größeren Personalkörpers aufgeworfen. Diese zu beantworten ist nicht Aufgabe des Senats, sondern der Entscheidungsträger des Zweckverbands vor Ort, einschließlich der Aufsichtsbehörden. Als geradezu verstörend erweist sich in diesem Zusammenhang die in der Notiz des ÄLRD vom 6. November 2020 (Bl. 34 d. Behördenakte) zum Verhalten der beiden Notfallsanitäter niedergelegte Feststellung, eine entsprechende „Weiterleitung an die Staatsanwaltschaft“ bleibe vorbehalten. Will der ÄLRD die helfenden Hände der beiden Notfallsanitäter tatsächlich wegen verbotener Ausübung der Heilkunde (§§ 1, 5 HeilpraktikerG) zur Anzeige bringen? 

(69) Für Selbstherrlichkeit und „Standesdünkel“ ist im Rettungsdienst kein Raum. Auch insoweit gilt der Grundsatz: „Salus aegroti suprema lex!“ Im Rahmen eines akuten „Notfall“- Einsatzes ist es im Lichte des Patientenwohls vollkommen irrelevant, ob eine medizinisch indizierte Maßnahme von einem Arzt oder einem ausgebildeten Notfallsanitäter lege artis ins Werk gesetzt wird. Maßgeblich ist allein, dass sie stattfindet(!). Wer dies als Arzt gerade auch nach der Einführung von § 2a NotSanG für sich selbst nicht akzeptieren kann, muss sein weiteres Verbleiben im „Rettungs“-Dienst kritisch überprüfen. Die (klarstellende) Entscheidung des Gesetzgebers ist eindeutig:
Notfallsanitäterinnen und -sanitäter sind, sofern (not-) ärztliche Hilfe nicht zeitnah zu erlangen ist und die Voraussetzungen des § 2a Nr. 2 NotSanG vorliegen, eigenverantwortlich handelnder, heilkundlicher Teil der Rettungskette.

Solch klare Worte, auch was das Verhalten des ÄLRD anbelangt, sind in gerichtlichen Entscheidungen selten zu finden. Sie stellen jedoch ein klares Indiz dafür dar, dass sich der Sachverhalt insgesamt aus den Akten noch wesentlich „schlimmer“ dargestellt hat, als es möglicherweise initial zu vermuten war.

Redaktioneller Nachtrag (01.05.2021): Versehentlich hatte sich in unserem Text und auch in dem ersten Beitragsbild ein Fehler eingeschlichen. Wir sprachen nämlich von einem Urteil, was jedoch dogmatisch falsch ist. Es handelt sich bei der Entscheidung um einen Beschluss. An der Rechtswirkung, der Aussagekraft und dem Zusammenhang ändert sich jedoch rein gar nichts, denn es bleibt eine gerichtliche und wie wir finden bedeutende Entscheidung.

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